Die Anreise war zwar sehr mühsam, ich glaube ich habe noch nie so oft, wie sonst in einem Jahr, meinen Pass hergezeigt, aber nach 30h waren wir dann auch im „Fuji Lake Hotel“.
Es war schon „Knast“ artig, da das Verlassen des Hotelgeländes nicht erlaubt war, aber die Umgebungen war echt sehr schön und alle waren sehr bemüht. Von der Dining-Hall im 3. Stock hatte man in die eine Richtung einen Ausblick auf den Mount Fuji und in die andere Richtung auf den Kawaguchi See.
In den Tagen vor den Rennen, gab es, bis auf ein hartes Training, nur lockere Einheiten und es galt sich zu akklimatisieren, den Jetlag zu verkraften und die Strecken zu besichtigen.
Die Strecken zum Zeitfahren und zum Straßenrennen waren beid echt total lässig, technisch anspruchsvoll, trotzdem flüssig und durch die Höhenmeter auch physisch sehr fordernd. Ich meine es waren die coolsten Paracycling-Strecken ever.
Zeitfahren 31.08.2021:
3 Runden mit gesamt 24 Kilometer und 270 Höhenmeter. Mein Plan war es, wirklich zu riskieren und sehr hart zu starten. Härter als man es bei einem Zeitfahren eigentlich tun sollte. Es ging auch voll auf, das Problem war nur das mein Dauerrivale Jetze Plat (NED) den gleichen Plan ausführte.
Die erste Runde absolvierte ich in 12min35sec, hatte aber bereits 24sec Rückstand auf Jetze Plat, aber auch schon über 30sec Vorsprung auf meine Teamkollegen Alex Gritsch, während dem Rennen wusste ich aber keine Zwischenzeiten. Ich konzentrierte mich einfach auf meine Leistung. Die Runde 2 stand mit 12min44sec zu buche, diese Runde war im Verhältnis wirklich stark, da ich nur 10sec auf Jetze Plat verlor. Danach war ich schon ziemlich gezeichnet und hatte schon etwas koordinative Schwierigkeiten, weshalb ich in den Kurven nicht mehr alles riskierte. Nach 1 ¾ Runden fuhr ich auf Alex Gritsch auf und gleich an ihm vorbei, für ihn war es sicher gut, da er etwas mental mitgezogen wurde, wie auch später von Jetze Plat, es sollte sich für ihn ja noch wirklich lohnen. Kämpfen, kämpfen, kämpfen galt es in Runde 3 und mit 13min09sec ist es mir gut gelungen. Die letzte Runde von Jetze Plat war wieder sehr stark und ich verlor weitere 26sec. Meine Gesamtzeit betrug 38min30sec.
Es war ein 3 Klassen Ergebnis: Jetze Plat (NED) Gold mit 1min Vorsprung auf mich, und ich hatte 1min30sec Vorsprung auf Bronze, diese Medaille holte sich Alex Gritsch (AUT) mit 10sec Vorsprung auf Rafal Wilk (POL). Es hat mich extrem für Alex gefreut, da er in den letzten Jahren wirklich 100% gegeben hat und ich ihn etwas als Rohmodell dienen konnte. Auch auf der Material-Seite hatte ich ja bei allen 6 Paracycling-Medaillen meine Finger im Spiel, da ich das Handbike, das von Ludwig Hackinger gebaut wird, mitentwickelt habe und teilweise bei der Produktion helfe. Es war ein perfektes Ergebnis für mich und ich habe 100% meiner Möglichkeiten ausgeschöpft. Es war in unserer, der höchsten, Handbike-Klasse ein echtes Leistungsfeuerwerk. Sowohl die Leistung als auch die Rennausführung waren sehr, sehr gut.
„Mission One accomplisht!“
Straßenrennen 01.09.2021:
Vom Zeitfahren war ich nicht ganz erholt, aber das galt ja für fast alle Athleten. Am Plan standen 6 Runden mit gesamt 77 Kilometer und 800Höhenmeter. Da ich von einer Renndauer von ca. 2h25min ausging, spekulierte ich mit 1-2 „lockeren“ Runden. Es war aber nicht so und es ging vom Start weg voll zur Sache, nach 5min war ich schon im roten Bereich. Nach der ersten Runde war das Feld fast noch vollständig, aber bei den schnellen Abfahrten, maximal 84 km/h, waren wirklich alle sehr diszipliniert. Gut so, denn ein Unfall, auf dieser Strecke, hätte böse ausgehen können.
Am Beginn der langen Steigung wollte ich einmal das Feld etwas testen, Laktat hatte ich eh schon im Körper, also warum nicht. Der Hintergedanke war die Gruppe etwas zu verkleinern, um noch weniger Stress zu haben. Zu meiner Überraschung sah ich, nach 2min, nur mehr Jetze Plat (NED) in meinem Rückspiegel näherkommen. Als er aufschloss haben wir uns eigentlich sofort abgesprochen, dass wir gemeinsam fahren. Rafal Wilk (POL) hatte leider schon in der ersten Runde einen Schaltungsdefekt und musste das Rennen beenden, sonst wäre er ziemlich sicher mit uns mitgekommen.
Die Zusammenarbeit dauerte aber auch nur etwas mehr als 1 Runde. Als ich nach dem Start-Ziel-Bereich im flachen ein Energiegel zu mir nahm, attackierte Jetze Plat vorne. Ich hatte zwar nur 20-30 Meter Abstand aber ich benötigte fast eine ganze Runde um wieder zu ihm aufzuschließen. Diese Jagd hatte natürlich extrem viel Kraft gekostet. Den langen Anstieg bin ich dann noch zu 70% mitgefahren, mein Körper zeigte mir dann aber, dass es vernünftiger ist, ihn fahren zu lassen, um nicht komplett „auszubrennen“. Er war einfach zu stark und mir zu überlegen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits 3min Vorsprung auf die Gruppe um Platz3. Trotzdem wurden die letzten beiden Runden noch richtig hart, und ich litt wirklich, aber zumindest in den Kurven konnte ich bei diesem Vorsprung komplett rausnehmen. Da es stark zu regnen begonnen hatte und super rutschig war, hatte der Vorsprung meine Situation sehr entspannt.
Abermals mit einem nahezu perfekten Rennen zu SILBER. „Mission Two accomplisht!“
Alex Gritsch (AUT) konnte mit einem Traum-Rennen wieder Bronze erreichen, im Straßenrennen hatte ich es ihm nicht zugetraut – sehr stark! Ich starte in der höchsten Handbike-Klassen (H4) und ich habe überhaupt kein Problem der zweitbeste Athlet der Welt zu sein. Jetze Plat ist ein hochmotivierter, höchst professioneller vorzeige Athlet, mit der Genetik eines Monsters und er macht den Sport seit seinem 5 Lebensjahr, damit schon 25 Jahre! Ganz im Gegenteil für mich ist es eine Ehre und fast unglaublich, dass ich mit solchen Athleten mitfahren kann.
Es waren die würdigen Rennen und die heroischen Kämpfe, die ich mir für Tokio erhofft habe und ein Hochgenuss!!!
Die Tage vor den Rennen waren etwas durchwachsen und ich habe nicht wirklich ein sehr gutes Gefühl gefunden, aber man kann nur raus gehen und sein Bestes geben und das habe ich dann auch getan.
Zeitfahren: Ich bin kontrolliert in meinem möglichen Wattbereich gestartet und habe einen guten Rhythmus gefunden. Am Ende der ersten Runde bin ich auf Alex Zanardi aufgefahren und habe ihn überholt (Sieger Klasse H4, war im Ziel 49sec hinter mir), da dachte ich mir schon entweder ist er langsam oder ich schnell. Ich konnte die Leistung sehr gut Durchziehen und habe bis zum Ende alles aus mir raus gequetscht. Mit 43,1km/h war es ein beachtlicher Schnitt. Rafal Wilk hatte den Vorteil, dass er nach mir gestartet ist und wusste so über die Zwischenzeiten Bescheid. In der ersten Runde trennten uns nur 0,27 Sekunden. In der 2 Hat er mir dann doch noch 10sec abgenommen. Der drittplatzierte Vico Merklein war aber nochmal 47sec hinter mir, also waren die Positionen klar vergeben. Das Ergebnis ist natürlich ein Traum, die Leistung war sehr gut. Einen großen Anteil daran hatte das neu Handbike welches von Ludwig Hackinger entwickelt und gebaut wurde und wo ich mittüfteln und helfen durfte. Der Plan das schnellste Handbike der Welt zu bauen ging voll auf. So konnte ich meine Chance im Zeitfahren voll ausnutzen. Natürlich ist die Medaille eine Befriedigung aber Emotionen bekomme ich mehr wenn ich gegen die Besten fahren kann. Der Weg!
Straßenrennen: Auf dem komplett flachen Kurs war es von vorherein klar das sich niemand um die Führungsarbeit reißen wird und so war es dann auch. Teileweise waren wir ja schon im Regenerationstempo unterwegs und bei den Wenden wurde immer wieder attackiert. Ab Hälfte des Rennens habe ich es dann auch 2mal ernsthaft versucht und einmal gemeinsam mit Rafal Wilk, aber es war aussichtslos. 8 Kilometer vor dem Ziel habe ich mich dann geweigert weiter Nachführarbeit zu leisten weil es mir egal war ob ich im Sprint 5-7 werde oder 2 vorne rausfahren. Und dann es hat wirklich sonst niemand die Initiative übernommen. Bis zum Ziel hatten wir zwar fast wieder aufgeschlossen aber nicht mehr ganz und so bin ich im 6Mann Sprint um Platz3 am Ende gesamt 7 geworden. Ich bin nicht der Beste Sprint aber mit dem Rennen voll zufrieden, da ich leicht in der Spitzengruppe mitgefahren bin.