Die Tage zwischen Einzelzeitfahren und Straßenrennen verliefen wie geplant und unspektakulär.
Natürlich bin ich etwas auf „Wolke sieben“ herumgeflogen und deswegen ging alles noch leichter. Auch am Renntag fühlt ich mich sehr gut und war mir sicher, wenn mich nicht ein Defekt oder Unfall stoppt, hole ich mir ein Podium. Es war mit Abstand das härteste Straßenrennen im Paracycling, in unserer Klasse MH4, dass wir je hatten. 800 Höhenmeter auf 57Kilometer sind eben 800 Höhenmeter. 80% dieser Höhenmeter gab es gleich nach dem Start, in mehreren Rampen, zu bewältigen. Vor allem die „Zürichbergstrasse“ mit bis zu 17% Steigung war für uns Handbiker schon orentlich.
Der Plan war unten dosiert rein zu fahren und dann oben raus Druck zu machen. Ich ging davon aus, dass wir oben maximal noch zu dritt sein würden: Josef Fritsch / FRA, Fabian Recher SUI und ich. Die erste Steigung führte ich noch im Plan hoch. In die „Zürichbergstrasse“ hinein fuhr ich dann 50 Meter nach Plan und dann hat Josef Fritsch eine „ALL OUT Attacke“, zumindest für mich, gesetzt.
Ich fuhr da kurzzeitig 350Watt. Perfekt wenn man am Beginn des Anstiegs schon 15mmol Laktat in den Armen hat, das wird schmerzhaft. Nach 2min, in denen ich schon ein 50Meter Loch hatte, musste ich akzeptieren, dass ich da nicht mitfahren kann. Bis ganz oben hatte ich dann ein 250 Meter Loch, was bergauf viel ist. Oben angekommen musste ich etwas durchatmen und Josef Fritsch konnte noch immer weiter durchdrücken.
Er ist 8 Kilogramm leichter und drückt fast ähnliche Wattwerte wie ich, da spielt er bergauf in einer anderen Liga. Persönlich bin ich mit meinen Leistungswerten extrem zufrieden, ich konnte mich wirklich beim letzten Prozent bewegen und habe, nach dem Zeitfahren, wieder meine Top-Form gezeigt. Beide „Leistungsanalysen“ gehören zu den Top5 meiner Paracycling-Karriere.
Im Anstieg begleitete mich in meinem Rückspiegel Fabian Recher (SUI). Diesen Abstand konnte ich aber in den 4Kilometer bergauf immer weiter vergrößern.
Nach einer 26 Kilometer Eröffnungsrunde, galt es dann 5 Runden zu 6 Kilometer mit nur einem Anstieg zu bewältigen. Da ich Josef Fritsch im Zeitfahren eindeutig hinter mir lassen konnte, dachte ich zuerst noch; „das Loch schließe ich nun im Flachen“. ABER, er war heute unglaublich stark und er vergrößerte seinen Vorsprung kontinuierlich. Nach hinten konnte ich auch meinen Vorsprung vergrößern und so war es für Josef und mich ein langes Einzelzeitfahren. Um Platz 3 duellierte sich Fabian Recher (SUI) und Rafal Wilk (POL). 2 Kilometer vor dem Ziel setzte sich Fabian Recher dann ab und fuhr zu Bronze. Josef Fritsch war heute mit Abstand der stärkste Athlet und hat sich den Weltmeistertitel, so was von, verdient!
Das war meine 10. UCI Paracycling WM-Medaille im 18. WM-Rennen!
Das definiert Kontinuität!!!
2014 - Bronze im EZF / Crash Straße (erste UCI Paracycling WM, nach 10 Jahren Training)
2015 - Bronze im EZF/ P4 Straße
2016 - keine UCI WM (Terminüberschneidung mit Paralympics2016)
2017 - nicht am Start, da im Triathlon „verbucht“
2018 - 4 Monate vor WM Schulterluxation – P4 Straße / Crash EZF
2019 - Bronze – EZF /P5 - Straße
2020 - keine UCI WM (Covid)
2021 - Silber – EZF / Silber Straße
2022 - Silber – EZF / Silber Straße
2023 - Bronze - Straße / P4 - EZF
2024 - Gold - EZF / Silber - Straße
Die 5 silberne WM-Medaille und wenn ich, hypothetisch geschrieben, noch 5 machen sollte, bin ich auch super zufrieden.“ Mein Ziel“ war nie Weltmeister oder … zu werden, ich möchte einfach 100% meines persönlichen Potenzials ausreizen und gegen die besten Athleten der Welt fahren.
Die Paracycling Saison 2024 ist geschlagen. Bei 6 Weltcup-Rennen 4mal am Weltcup-Podest, Doppel-Silber bei den Parlympics „Paris2024“ und WM-Gold und WM-Silber bei dieser UCI Paracycling WM in Zürich. Das nehme ich so was von!!!!!!!
In diesem Sinne: T – I – dopple G – E- R! 😊
In der „Covid-Blase“ am „Autódromo Fernanda Pires da Silva“.
Die Gegebenheiten rund um die Rennstrecke mache es relativ einfach für den Veranstalter eine WM-Blase zu erstellen und so sicher als möglich für die Athleten.
Der Kurs ist wirklich total lässig und der wellige Verlauf anspruchsvoll für uns Athleten. Die sehr schnellen Kurven der Rennstrecke waren technisch sehr fordernd und verlangten auch einiges an Mut und Risiko, auch wenn ich 1% Risiko zurückgehalten habe und mich auf meine Leistungsstärke fokussierte.
Mit 25 Kilometer war es auch ein wirklich WM-würdiges Einzelzeitfahren.
Nach einem üblich harten, aber dosierten, Start, bewegte ich mich meistens über meiner geplanten Zielleistung, da ich den Plan hatte bergauf und gegen den Wind hart zu fahren und mit dem Wind 10% rauszunehmen. Dieser Plan ging auch sehr gut auf und ich konnte meine Leistung über alle 3 Runden auf einem ähnlichen Niveau halten.
Dieses gute „Pacing“ hat sich aus ausgezahlt. Wie es sein soll, kam ich erst auf den letzten Kilometern in den „Durchhaltemodus“.
Mit meinem Rennen bin ich in allen Belangen total zufrieden.
Mit 36min02sec hatte ich 35sec Rückstand auf Platz 1, wenige überraschend auf Jetze Plat (NED).
Aber zu mindestens musste er fast alles auspacken um sein Weltmeister-Trikot zu behalten, vor allem in Runde 2 war ich praktisch gleich schnell wie er. Knapp sind 35sec aus meiner Sicht jedoch nicht, aber wie gesagt habe ich alles gezeigt was ich konnte und bin total zufrieden.
Sehr erfreulicher Weise konnte mein Teamkollege Alexander Gritsch, mit genau 1 Minute Abstand auf mich, die Bronze Medaille einfahren, so waren erstmals bei einer WM 2 ÖRV Athleten am Podest.
Das Straßenrennen wurde auf der identischen Strecke wie das Zeitfahren ausgetragen.
Die Distanz war natürlich aber eine längere, so galt es 8 Runde mit je 8,3Km zu bewältigen.
Wie im Paracycling üblich, gab es eine sehr hektische und sehr anspruchsvolle Startphase.
Leider mit einigen haarigen Situationen und einem größeren Unfall, alles Gute an Mathieu Bosredon (FRA) und Jonas van de Steene (BEL).
Nach 3 Runden hatte sich dann, nach einem harten Angriff von Jetze Plat (NED), eine dreier Spitzengruppe gebildet, welcher neben Rafal Wilk (POL) auch ich angehörte.
In den folgenden 2 Runden hielten Jetze Plat und ich das Tempo hoch und konnte uns dann auch von Rafal Wilk lösen.
Ich konnte bis in die letzte Runde mit Jetze Plat mitgehen, dort hat er dann eine brutale Attacke gesetzt, der auch ich nicht mehr folgen konnte. Das 20 Meter große Loch wurde immer größer und 2 Kilometer vor dem Ziel habe ich es dann eingesehen, dass Silber das Maximum für mich ist und den Zieleinlauf genossen.
Mein Teamkollege Alexander Gritsch war, mit 3min Rückstand, in der großen Verfolgergruppe und hat diese auch mit einer früher Attacke in den Sprint geführt. Leider wurde er kurz vor dem Ziel noch von Fabian Recher (SUI) abgefangen, wodurch dieser Bronze gewann. Mit Platz 4 war es wieder ein sehr starkes Rennen von Alex Gritsch.
Es war ein sehr starkes Rennen von mir und ich hatte auch in der letzten Runde noch richtig Power, mit 1h37min hatte wir 41km/h im Schnitt, bei 500 Höhenmeter.
Ich habe jetzt heuer 7 große internationale Rennen hinter mir und das schlechteste Ergebnis war Platz 2!!! Ok, ich war auch nur einmal ersten und 5 mal war Jetze Plat vor mir, um es in Österreich verständlich zu machen, er ist der Marcel Hirscher unseres Sports. Ich kann aber sicher von einer traumhaften Saison sprechen. Ich habe überhaupt kein Problem damit der Beste vom Rest zu sein.
Paracycling ist in meiner Klasse wirklicher Hochleistungssport und der Aufwand den ich betreibe um die Nummer 2 zu sein ist gewaltig hoch, da gibt es in Österreich nicht wirklich viele Sportler die das tun und ich rede nicht von Behindertensport. Kann jeder gerne vorbeikommen und mit Trainieren. Für mich ist es einfach nach wie vor ein herrliches Gefühl, zu versuchen wirklich ALLES zu geben, und das ist es was zählt und meine Motivation.
Nach dieser sehr umfangsreichen und sehr erfolgreichen Wettkampfphase mit Paracycling-Classic, Weltcup, EM und WM werde ich meinem Körper eine Woche Pause gönnen.
Im Anschluss geht es in die letzten 10 Wochen bis nach TOKIO!
Wenn ich diese Form stabilisiere und noch 1% draufsetzen kann, sollte es ideal passen.
Wie schon die ganze Saison konnte ich auch bei der WM eine Top-Leistung abrufen, auch wenn der flache Kurs nicht unbedingt für mich sprach. Platz 1 und 2 waren schon vor dem Rennstart, wenn nicht etwas Außerordentliches passieren würde, praktisch vergeben. Denn Jetze Plat (NED) ist seit 3 Jahren ungeschlagen (Siegerzeit 28min03sec) und auf flachen Kursen ist Tom Davis (USA, Platz2 mit 28min30sec) auch, wie man so schön sagt, eine Bank.
Deswegen war abzusehen, dass ich mit 3-4 Athleten um den dritten Platz kämpfen werde. Ich setzte mich mit einer Zeit von 29min18sec mit 8 Sekunden gegenüber Rafal Wilk (POL) durch. Trotz des herrschenden Windes, habe ich mich entschieden mit 3 Scheibenräder zu fahren, wie immer war es teilweise die richtige Entscheidung und manchmal, je nach Streckenabschnitt, vielleicht nicht die Beste, aber ich würde wieder mit dem gleichen Setup starten. Mit meinen Leistungswerten und der körperlichen Ausbelastung war ich sehr zufrieden. Noch bevor ich meine Platzierung wusste habe ich schon mitgeteilt, dass ich auch mit Platz 4 oder 5 zufrieden sein würde, denn mehr als meine persönliche Bestleistung abrufen, kann ich nicht tun.
Natürlich freue ich mich über Bronze, es ist eine perfekte Draufgabe auf eine sehr gute Zeitfahrleistung in einer erfolgreichen langen Saison. Ich war von Beginn der Wettkampfsaison in sehr guter Form und konnte diese über einen sehr langen Zeitraum halten. Nach dem Weltcupgesamtsieg, den ich wegen des Fehlens von Jetze Plat bei einer Weltcupstation, gewonnen habe, ist es das abschließende Highlight und spricht für meine Konstanz.
Nicht ganz Abschließend, denn Sonntag folgt das Straßenrennen. Als leichter Athlet mit deutlich weniger Muskelmasse habe ich dort nicht die besten Karten. Aber auch nichts zu verlieren und werde einfach mein Bestes geben und Spaß haben. Wie in Holland üblich gibt es leider keine einzige Steigung an der ich einen sinnvollen Angriff starten könnte, aber man weiß nie was sich ergibt.